Gute Gesundheit ist eine Systemfrage
Während das Gesundheitssystem in Deutschland immer weiter privatisiert und ökonomisiert wird, ist eine flächendeckende Gesundheitsversorgung der kubanischen Bevölkerung bis heute eine der wichtigsten Errungenschaften der kubanischen Revolution. Dabei ist der Kampf um ein gute Gesundheitsversorgung tief in der kubanischen Geschichte verwurzelt und wurde schon von den KämpferInnen der kubanischen Unabhängigkeit Ende des 19. Jahrhunderts gefordert. Die Grundidee, dass eine Demokratie mit einem freien Volk zuerst über Nahrung, Gesundheit und Bildung verfügen muss, wurde von Beginn an verfolgt und gilt bis heute. Sie hat dazu geführt, dass Kuba heute das Land mit den meisten Ärzten weltweit ist (gerechnet an der Einwohnerzahl). Damit kommt in Kuba ein Arzt auf 122 Kubaner. In Deutschland z.B. ist es ein Arzt pro 231 Einwohner.
Die medizinische Versorgung der Bevölkerung
Das kubanische Gesundheitssystem ist aber auch abseits dieser Zahlen einen Blick wert. Zum einen setzt es neben Polikliniken, allgemeinen und spezialisierten Krankenhäusern, stark auf wohnortnahe Versorgung, mithilfe von nahegelegenen Familienarztpraxen oder zuständigem Medizinpersonal für Universitäten und Großbetrieben. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass Kuba zu großen Teilen ländlich geprägt ist. Vor der Revolution hatten 84,6% der ländlichen Bevölkerung keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Diese existiert nun flächendeckend, und zwar ohne Versicherungen. Weder privater noch staatlicher und ohne die Prämisse, Geld aus der Gesundheit von Menschen schlagen zu müssen. Was Kuba neben der dezentralen Versorgung der Bevölkerung noch aus der Geschichte gelernt hat, ist die Gesundheitsprävention. Denn ein System, dass tatsächlich die Gesundheit der Bevölkerung im Auge hat, hat naturgegeben andere Anreize, Krankheiten von vornherein zu vermeiden, als ein System, dass mit der Krankheit von Menschen Geld verdient. So ist Kuba in Südamerika Vorreiter in Sachen Krankheitsprävention, z.B. durch Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln, Impfungen oder Aufklärung. So hat Kuba es geschafft die höchste Lebenserwartung (ca. 78 Jahre) und die geringste Kindersterblichkeit (ca. 0,5%) Lateinamerikas zu erreichen.
Internationale Solidarität trotz Herausforderungen
Trotzdem stellt natürlich gerade in Zeiten von Wirtschaftskrise und einer verschärften Blockade durch die USA, das kubanische Gesundheitssystem vor großen Herausforderungen, vor allem, wenn es um teure Medizinprodukte oder Medikamente geht, die importiert werden müssten. Umso bemerkenswerter sind die Akte der Solidarität, in denen Kuba medizinisches Personal zur Bekämpfung von Naturkatastrophen und aktuell zur Pandemiebekämpfung zur Verfügung stellt.
Und trotz Kubas wirtschaftlich brisanter Situation, forscht das Land aktuell an nicht weniger als fünf COVID-19 Impfstoffen, wobei gerade logistische Schwierigkeiten ärmerer Länder mit berücksichtigt werden, wenn es z.B. um das Kühlen der Impfstoffe geht. Zum Stand Ende Mai 2021 sind außerdem schon 10% aller Kubaner erstgeimpft und 80% des medizinischen Personals der Insel. Betrachten wir das kubanische Gesundheitssystem können wir in Deutschland vor allem lernen, dass überfüllte Krankenhausbetten, Personalmangel, beschissene Arbeitsbedingungen und lange Wartezeiten beim Hausarzt oder in der Notaufnahme nicht aus Sachzwängen geboren sind, sondern im Wesen unseres Systems.
Jurek, Essen