„Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen“ – Esther Bejarano

veröffentlicht am: 2 Nov, 2022

Vor fast genau 11 Jahren ist die faschistische Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“, kurz NSU, öffentlich enttarnt worden. Öffentlich deshalb, weil dem deutschen Geheimdienst bereits lange davor bekannt war, dass der NSU und sein Umfeld für die Ermordung von mindestens zehn Menschen, darunter neun mit Migrationshintergrund, verantwortlich waren.

Schlimmer noch: Der deutsche Verfassungsschutz war in die Ermordungen, Finanzierung und Tarnung des NSU involviert. Das alles ist für uns und viele engagierte AntifaschistInnen absolut nichts Neues, wohl aber für viele Menschen durch Jan Böhmermann zum ersten Mal davon hören. Die Plattform „Frag den Staat“ und das Team vom „ZDF Magazin Royal“ veröffentlichte Akten, die durch die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen zunächst für 120 Jahre, später dann für 30 Jahre unter Verschluss hätten bleiben sollen. Die hessische Linke, Teil der NSU-Untersuchungsausschuss, bestätigten bereits die Echtheit der Dokumente. Damit haben wir in der BRD einen der ersten größeren Daten-Leaks bei einem Geheimdienst. Welche Konsequenzen das haben wird, wird sich erst zeigen. So viel vorweg: Wirklich neue Erkenntnisse geben sich aus dem Leak nicht, denn die ohnehin brisanten Dokumente wurden vorher vernichtet.

Das der deutsche Geheimdienst gemeinsame Sache mit Faschisten macht, ist nicht erst seit kurzem bekannt. Das ausbleibende NPD-Verbot wird juristisch dadurch begründet, dass die meisten Funktionäre sogenannte V-Leute sind und ausgerechnet der mit dem NSU zusammenhängende Faschist und V-Mann Andreas Temme scheint ebenso in die Ermordung Walter Lübckes involviert zu sein.

Für den Geheimdienst sind faschistische Organisationen häufig keine Gefahr, weil sie nicht ernsthaft an den Grundpfeilern der kapitalistischen Ordnung rütteln. Im Gegenteil: Sie könnten diesem sogar nützlich werden, weshalb man sich auf deren Existenz stützt, ihre V-Leute deckt und ihr Vorhaben finanziert. Nützlich zum Beispiel dann, wenn Schlägertrupps und Terroristen benötigt werden, um Arbeiterorganisationen wie Gewerkschaften und kommunistische Organisationen zu zerschlagen oder um die Spaltung der arbeitenden Bevölkerung voranzutreiben.

Wir wissen nicht erst durch Esther Bejarano, dass man sich im Kampf gegen den Faschismus nicht auf den Staat verlassen kann. Wer nicht möchte, dass Faschisten in Deutschland morden können oder schlimmer, der muss sich organisieren.

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