Erklärung der AG für Antimilitarismus des Bundesvorstandes der SDAJ
Man müsse verstehen, dass ein Land wie Deutschland seine Interessen im Notfall auch militärisch wahren müsse, „zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.“ Mit diesen schlichten Worten hat jüngst Bundespräsident Köhler einen „Skandal“ verursacht. Inakzeptabel und schädlich seien solche Aussagen, ließen sich sofort CDU und SPD vernehmen. Lediglich die FDP verweist darauf, dass Köhler schließlich nur das mit eigenen Worten wiedergegeben habe, was sich die Bundeswehr selbst schon 2006 in ihr Weißbuch geschrieben hat. Laut diesem geht es den Militärs nämlich um „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“.
Inzwischen ist Köhler schon wieder ein Stück zurück gerudert, den Afghanistan-Einsatz habe er nicht gemeint, sondern nur die Piratenjagd am Horn von Afrika. Dort geht es schließlich ganz ausdrücklich darum, Handelswege frei zu halten. Doch wie passt dazu jetzt die Aussage der SPD, Deutschland führe „keinen Krieg um Wirtschaftsinteressen“ (Thomas Oppermann, SPD)? Und warum tun sich überhaupt die Kriegsparteien so schwer damit, zuzugeben, was seit Jahren Realität ist?
Auch darauf findet man Antwort bei Herrn Oppermann: „Köhler schadet der Akzeptanz der Auslandseinsätze der Bundeswehr“ Und schon sind wir beim Kern der Sache: Skandal ist nicht der Fakt an sich – dass die Kriege, in die der deutsche Imperialismus seine SoldatInnen schickt, Wirtschaftskriege sind, weiß in Berlin jedes Kind. Was den Streit ausmacht, sind lediglich zwei verschiedene Ansichten darüber, wie man diese Kriege der eigenen Bevölkerung (die den Afghanistan-Einsatz weiterhin mehrheitlich ablehnt) verkaufen soll. Da gibt es die einen, die wie die SPD weiterhin das Märchen von den Menschenrechten, der bewaffneten Entwicklungshilfe und der Verteidigung unser aller Sicherheit erzählen wollen. Und es gibt die anderen, die den Leuten reinen Wein einschenken, damit die sich endlich mal daran gewöhnen und es am besten auch noch gutheißen, dass Deutschland eben für wirtschaftliche Interessen in den Krieg zieht. Das ganze Spiel kennt man bereits aus dem Ringen um das Wörtchen Krieg.
Und natürlich wird nicht nur vor Somalia für Wirtschaftsinteressen geschossen, sondern genauso in Afghanistan. Hier geht es um Erdgaspipelines, Öl- und andere Rohstoffvorkommen und eine geostrategisch günstige Lage an den Grenzen Russlands und Chinas.
Dass diese Fakten jetzt der deutschen Bevölkerung mehr ins Bewusstsein gerückt werden, könnte ein positiver Effekt von Köhlers Vorstoß sein, der eigentlich dazu gedacht war, die Menschen auf die Normalität von Wirtschaftskriegen einzuschwören. Aber Wirtschaftskriege muss man nicht nur als Realität wahrnehmen, man muss sie beenden!
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