Kommentar von Björn Schmidt, Bundesvorsitzender der SDAJ
Millionen Menschen haben heute in der ganzen Bundesrepublik mit Schweigeminuten den Opfern der Nazi-Mörder gedacht. Den Opfern zu gedenken, heißt für uns, dass wir nicht aufhören, die Ursachen des faschistischen Mordens bekämpfen.
Der Skandal um die Entstehung und das über zehnjährige Agieren der Zwickauer Nazi-Terrorzelle ist weit davon entfernt, aufgeklärt zu sein. Immer noch tauchen neue Details über die Hintergründe der Taten des sog. „Nationalsozialistischen Untergrunds“ auf. Geheimdienste und Polizeibehörden sind verstrickt in das Netzwerk von legalen und illegalen faschistischen Organisationen: Beweismaterial über geplante Terroranschläge wurde von Polizeibehörden vernichtet. Der Thüringer Verfassungsschutz (VS) unterhielt mehrere V-Leute im Umfeld des NSU, die der NPD nahe standen bzw. Mitglieder waren. Ein hessischer VS-Mitarbeiter steht im Verdacht, selbst an einem Mord beteiligt zu sein. Das thüringische LKA observierte die Täter, verhinderte jedoch eine Festnahme. Der Thüringer VS hat Geld an den NSU gezahlt. Dessen ehemaliger Chef H. Roewer publiziert heute in einem als „rechtsextrem“ eingestuften Verlag. Der niedersächsische VS hat einen Komplizen des NSU lediglich als rechten Mitläufer eingestuft.
Angesichts dieser länger und länger werdenden Liste geraten herrschende Politiker unter Druck. Alle Parteien erklären unisono, dass Konsequenzen gezogen werden müssten.. Angesichts der Verstrickung der NPD mit dem NSU müsste sie sofort verboten und aufgelöst werden, genauso ihre Bündnispartner und Tarnorganisationen. Der Verfassungsschutz, der schon von Faschisten aufgebaut wurde, ist bis heute mit ihnen durchsetzt. Die vielfältige Unterstützung des NSU ist keine Panne, sondern die Regel. Deshalb muss diese Behörde aufgelöst werden.
Doch was passiert tatsächlich? Die schwarz-gelbe Koalition nutzt den Skandal, um nach links zu schlagen. Innenminister Friedrich erklärt: „Wir können Rechtsextremisten nicht mit Linksextremisten bekämpfen” und verlangt von Initiativen gegen rechts eine Abgrenzung nach links. CSU-Generalsekretär Dobrindt fordert wiederholt ein Verbot der Partei „Die Linke“. Deren Abgeordnete werden vom VS weiterhin überwacht, genauso wie VVN-BdA, DKP und SDAJ. Der Naziterror wird gemäß der Totalitarismustheorie als „Extremismus“ verharmlost, Antifaschisten werden mit ihnen einen Topf geworfen. Rechtspopulistische Fraktionen innerhalb der CDU werden geduldet.
Immerhin: Staat und herrschende Parteien sind gezwungen worden, sich zumindest verbal gegen NPD & Co. zu positionieren. Das Verbot der NPD ist wieder in der Diskussion. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass wenig Verlass auf den staatlichen Antifaschismus ist. Umso mehr heißt es jetzt, die Bundesregierung zu zwingen, die NPD zu verbieten – ohne es zugleich für eine Repressionswelle gegen Antifaschisten zu nutzen. Vor allem müssen wir Fakten schaffen, indem wir in jeder Stadt und jedem Dorf nazifreie Zonen errichten. Damit Organisationen wie „NSU“ zukünftig keine Chance mehr haben.