Interview mit Patrik Köbele* zur EU-Wahl
POSITION: Warum kandidiert die DKP zur EU-Wahl am 25. Mai?
Patrik: Erstens, damit eine Partei wählbar ist, die grundsätzlich sagt, wir wollen keine EU, an deren Grenzen Flüchtlinge verrecken, die nach innen dazu dient, dass der deutsche Imperialismus mit seiner „Exportwalze“ die Peripherie aussaugt und die, wie man in der Ukraine sehen konnte, bei der Durchsetzung ihrer Interessen gerne auch mit Faschisten kooperiert.
Zweitens, um die kommunistische Komponente wählbar zu machen. Wir wollen denen eine Stimme geben, die sich klar darüber sind, dass als Alternative zum Kapitalismus der Sozialismus notwendig ist und dass es dabei nicht um Wattebäuschchen und Reförmchen geht, sondern um die Eigentums- und Machtverhältnisse, auch wenn die heute noch nicht auf der Tagesordnung stehen.
Drittens, zugegeben auch um uns selbst bekannt zu machen. Wir halten es für notwendig und gut, dass nach langen Jahren der wahlpolitischen Abstinenz auf Bundesebene, die DKP mal wieder auf jedem Stimmzettel steht.
POSITION: Von einigen hört man im Wahlkampf den Vorwurf, die Kandidatur der DKP spalte die politische Linke? Was hältst du davon?
Patrik: Nun durchzieht ja das, was man Linke nennt, ohnehin eine gewisse Spaltung. Einmal gibt es die, zu denen wir gehören, die davon ausgehen, dass der Kapitalismus/Imperialismus letztlich nur revolutionär überwunden werden kann. Und es gibt die, die hoffen, dass das auch mit Reformen geht. Viele argumentieren dann, dass dies doch heute gar nicht auf der Tagesordnung steht und man deshalb doch zusammenhalten müsse. Natürlich muss man zusammenhalten und zusammen kämpfen, um Reformen, gegen die Angriffe der Herrschenden, gegen Militarisierung, gegen Rassismus und Faschisten. Aber Zusammenarbeit heißt nicht die eigene Organisation zu vergessen. Und bei Wahlen kann es doch auch nicht heißen, grundsätzliche Unterschiede zu vergessen. Die Partei die LINKE hat mit ihrem Hamburger Parteitag mehrheitlich entschieden, dass sie davon ausgeht, dass man diese EU grundsätzlich positiv umformen kann. Das halten wir für falsch. Wir sagen: Es ist notwendig den deutschen Imperialismus zu schwächen und die EU zu überwinden, beides setzt Abwehr- und Reformkämpfe voraus. Wir halten die grundsätzliche Orientierung der Partei die LINKE für eine Orientierung auf Illusionen. Deshalb halten wir es bei aller Gemeinsamkeit in manchem Reformkampf für notwendig, auch eine wahlpolitische Alternative zu setzen. Ich kämpfe seit Jahren gemeinsam mit Christen, mit SPD-Mitgliedern, mit Grünen, mit Mitgliedern der LINKEN, mit Parteilosen und anderen in vielen Zusammenhängen. Aber es käme doch auch keiner darauf beispielsweise die SPD-Mitglieder als „Spalter“ zu bezeichnen, wenn sie nicht zu Gunsten der DKP auf ihre Kandidatur verzichten.
POSITION: Marx schreibt, die Wahl entscheide, „welches Mitglied der herrschenden Klasse das Volk im Parlament ver- und zertreten soll.“ Wie steht die DKP zum Parlamentarismus?
Patrik: Das Marx-Zitat ist wirklich wichtig, weil es uns daran erinnert, dass der bürgerliche Parlamentarismus vom Wesen her dazu dient, die unterschiedlichen Interessen verschiedener Kapitalfraktionen auszugleichen. Vom Wesen her ist da auch vieles gleich geblieben. Aber die Herausbildung des Imperialismus, mit dem bestimmenden Element des Monopolkapitals, hat da die Dinge etwas geändert. Jetzt dient der Staat den Interessen der Monopole.
Natürlich hat sich geschichtlich auch die Arbeiterklasse Zugang zu den Parlamenten erkämpft. Das ist auch gut. Sie hat nur manchmal vergessen, dass die bürgerlichen Parlamente natürlich auch gleichzeitig ihrer Einbindung in den kapitalistischen Mainstream dienen. Solange die Arbeiterklasse und die Revolutionäre das nicht vergessen und solange sie nicht der Illusion anhängen, dass diese Parlamente der Ort der Veränderung der Gesellschaft wären, solange man diese Parlamente nutzt, um die Massen und die Klasse in Bewegung zu bringen und aufzuklären über die Schweinerein von Kapital und Kabinett und über das Grundübel Kapitalismus, solange gilt, was Rosa und Karl auf dem Gründungsparteitag der KPD deutlich machten: Das Parlament nicht als Kampfplatz zu nutzen, bedeutet Isolation und ist Sektierertum. Hier hat die kommunistische Partei tatsächlich eine Sonderrolle. Sie kandidiert als normale Partei im Sinne des bürgerlichen Parlamentarismus und sie ist Antipartei, weil sie dessen Begrenztheit erkennt und seine Überwindung im Sinne einer dialektischen Aufhebung propagiert.
POSITION: Warum sollten junge Menschen, zum Beispiel Auszubildende, SchülerInnen, Erwerbslose oder Studierende die DKP wählen?
Patrik: Schon wegen des oben Gesagten. Aber auch, weil hinter der Realität des Lebens Jugendlicher mit ungesicherten Arbeitsverhältnissen, mit der Ausrichtung von Schule, Uni, Ausbildung am Profit, mit der Kommerzialisierung von Freizeit und Lernen, letztlich der Kapitalismus steckt. Man kann ein bisschen damit brechen, dann wählt man DKP, man kann ganz damit brechen, dann stärkt man SDAJ und DKP.
Das Interview führte: Jann, Essen