Wer auch gegen Sexismus ist, kann jetzt seine Unterschrift leisten
Emma Watson. Jede kennt sie, jeder mag die nette Hermine-Darstellerin. Neben schauspielerischen Fähigkeiten, Bildung, diversen Model- und Werbeaufträgen, ist sie jetzt auch noch UN-Sonderbotschafterin für Gleichberechtigung. In den letzten Wochen hat sie in dieser Funktion massiv die ‚HeForShe‘-Kampagne bekannt gemacht. In sozialen Netzwerken und den Medien wurde ihre Rede vor der UN-Vollversammlung gefeiert. Die Freude war groß: Endlich eine prominente junge Frau, mit der sich eine ganze Generation junger Frauen identifizieren kann und die ein politisches Signal gegen die Geschlechterungerechtigkeit setzen will. Das große Ziel: Männer sollen sich als Unterstützer für Frauenrechte und gegen Diskriminierung erklären. Klingt gut, doch was ist dran an Watsons neuem ‚Feminismus light‘, für den sich Promis wie Barack Obama, Will Smith, Gisele Bündchen und Karl Lagerfeld stark machen?
Die Kampagne…
Auf der Kampagnenhomepage kann man ein „Action Kit“ mit den inhaltlichen Kernaussagen und eine Art Handlungsorientierung für das eigene Engagement herunterladen. Gar nicht so schlecht, könnte man meinen, immerhin gibt es konkrete Vorschläge, was man(n) tun kann oder soll. Dennoch wird auch frau das Gefühl nicht los, dass das zwar nett und hilfreich, aber für eine Veränderung der Realität irgendwie zu wenig ist. Das Ganze scheint mehr Idee als Bewegung, mehr Wort als Organisation zu Durchsetzung eines richtigen Ziels zu sein. Das kann man ärgerlich finden, aber es passt irgendwie ganz gut zur Fehlannahme bürgerlicher Ideologie, die Gesellschaft bestünde aus freien, unabhängigen und nur nach der eigenen Vernunft handelnden, (Markt-)Subjekten. Das bisherige Ergebnis: Es haben sich Männer online als Unterstützer eingetragen: In den USA etwa 53.000, 4.500 in Deutschland und immerhin einer auf Palau.
…Und ihr Inhalt
Politisch lassen sich drei Hauptaussagen ablesen: Erstens wird festgestellt, dass Geschlechterungerechtigkeit immer noch ein globales Thema ist, zweitens würden alle Menschen sozial, ökonomisch und politisch von der Gleichberechtigung von Männern und Frauen profitieren und drittens möchte man bis zum Juli 2015 eine Million Männer als Fürsprecher für „gender equality“ gewinnen. Punkt eins ist so allgemein, dass niemand widersprechen würde, der dritte ist ein ehrenwertes Ziel und beim zweiten liegt gewissermaßen das Problem, warum aus der Sache nicht viel werden wird: Wenn es keinen Grund dafür gäbe, warum sollte dann Ungleichheit existieren? Anders formuliert: Wer die Ursache der Geschlechterungleichheit nicht erkennt, wird sie nicht lösen können. Dazu später mehr.
Er für Sie?
Zunächst ist festzuhalten: Es ist gut, dass die Unterdrückung von Frauen durch Emma Watson´s Auftritt und diese Kampagne wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt. Ein Pluspunkt der `HeForShe`-Kampagne und auch der Rede ist ihr Verzicht auf „Männerfeindlichkeit“ oder Vorstellungen à la „Mehr Rechte für Frauen können wir nur gegen die Männer durchsetzen“. Wie viel Berechtigung dieser ewige Vorwurf an den Feminismus nun hat, sei dahin gestellt – hier kann er nicht gelten. Nur, auf etwas Falsches zu verzichten, heißt noch nicht, das Richtige zu tun.
Was für wen?
Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt 22% weniger als Männer. Die Arbeitskraft der Frau wird also niedriger bewertet, ihr Preis gedrückt, obwohl sie die gleichen Werte schafft. Das funktioniert nur, solange diese Ungleichbehandlung eigentlich freier und gleicher Personen ideologisch durch diskriminierende Ideologien (Sexismus) abgesichert wird. Das ist höchst profitabel. Frauen dienen in der Arbeitswelt daher objektiv als Lohndrückerinnen. Gleichzeitig werden sie durch ihren niedrigeren Lohn (Überausbeutung) dazu gedrängt, Aufgaben in der Reproduktion (Haushalt, Familie) zu übernehmen, wo sie dann in der Verfügung der verdienenden Männer stehen. Die eine Abhängigkeit hängt ursächlich mit der anderen zusammen und sie lassen sich nur zusammen auflösen. Klar wird hierbei aber auch: Die Form der Geschlechterverhältnisse ist bestimmt durch die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse. Die damit verbundene diskriminierende Ideologie legitimiert wiederum, dass Frauen stärker ausgebeutet werden, und damit liegt diese Ideologie (ob man das subjektiv will oder nicht) im Klasseninteresse des Kapitals.
Sie gegen ihn?
Was sind die Bedingungen, mit denen Frauen zu kämpfen haben? Wo kommt diese Unterdrückung eigentlich her? Und wie bekämpfen wir sie effektiv? Auf diese Fragen geht weder Emma Watson noch die Kampagne ein. In jedem Fall äußert sich die Unterdrückung von Frauen ganz konkret und praktisch. Deshalb müssen wir dem Sexismus auf all seinen Ebenen ebenso praktisch begegnen. Das bedeutet, dass wir in jedem Kampf um eine Verbesserung unserer Arbeits- und Lebensqualität die Rolle von Frauen besonders hervorheben, ihre besonders prekäre Lage darstellen und die Interessengleichheit von männlichen und weiblichen Arbeitenden verdeutlichen müssen. Kurzfristig mag es so erscheinen, als würden die Lohnarbeiterinnen ihren männlichen Kollegen eine zusätzliche Konkurrenz darstellen, was den Männern ausschließendes und unsolidarisches Verhalten nahelegt und kurzfristig sogar lohnend sein kann. Langfristig schneidet er sich damit allerdings ins eigene Fleisch bzw. in das seiner Klasse: Solange „er“ den Gegner bei „ihr“ ausmacht (oder andersherum), verhindert das die gemeinsame Gegenwehr gegen die Verhältnisse, die die Konkurrenz um den Arbeitsplatz hervorbringen: Die kapitalistischen Produktionsverhältnisse.
Gemeinsam wogegen?
Immerhin greift die Kampagne ‚HeforShe‘ diese Ideologie irgendwo an, sie wendet sich gegen die sexistischen Rollenbilder. Weil sie aber gerade nicht aufdeckt, wo diese Rollenbilder herkommen und was für Ursachen sie haben, bleibt die Kampagne bestenfalls auf halber Strecke stecken. Im schlimmeren Fall verdeckt sie Ursachen der Ungleichheit und damit die Möglichkeit zu ihrer Aufhebung.
Svenja, Rostock & Jann, Essen