Die „Linken“ von Egotronic
„Wir haben auf jeden Fall keine Skrupel, uns mit den eigenen Fans anzulegen.“ Mit Fans, die ein Problem damit haben, dass man unbegrenzte Solidarität mit Israel von der Bühne schreit. Mit Fans, die ein Problem damit haben, die komplette Dresdner Bevölkerung im 2. Weltkrieg als Täter zu betiteln und sich über eine Kriegshandlung lustig zu machen. Und mit Fans, die so etwas wie einen Klassenstandpunkt vertreten. Dass Egotronic kein Problem damit haben, diese Fans als Antisemiten und Nazis zu verschreien, dürfte mittlerweile niemanden mehr verwundern. Eher fragt man sich, weshalb sich Marxisten oder auch nur ansatzweise linke Menschen ausgerechnet zu ihren Konzerten begeben. Aber es soll ja Leute geben, die darauf stehen sich beleidigen zu lassen. „Abgehen und Party machen“ zur individualistischen Integration in den Imperialismus, spitze! Dass Egotronic sich mittlerweile als antideutsche Partymacher herausgebildet haben, hat sich auch in der linken Szene herum gesprochen. „Opfer sein wollen alle, aber könnt nur ihr scheiß Deutsche sein“, „Die verkackten Deutschen – nichts hat sich geändert! Verkackte Nazis! Antisemiten! Verkackter Faschist!“
Wenn Egotronic eins gerne machen, dann ist es Party-Lieder für den imperialistischen Krieg zu schreiben. Ob es jetzt gegen die Deutschen geht, die alle seit ihrer Geburt dazu verdammt sind Rassisten zu werden, oder gegen palästinensische Kinder, die bestimmt nichts anderes vorhaben als die israelische Bevölkerung auszulöschen, ist ihnen egal. Es muss nur Bass haben.
Wenn sich dann noch alle Heroin, LSD oder Chrystal Meth auf ihrem Konzert geben, sind die Jungs komplett glücklich, denn schließlich ist die Selbstzerstörung sinnvoll, man ist ja selber deutsch. Sie machen das auch: sich raus ziehen, mit den verhassten Mitmenschen nichts mehr zu tun haben. Das ist genau der Habitus, der alle Tendenzen der gemeinsamen Kämpfe für die eigenen Interessen ignoriert. Die elitäre Ignoranz gegenüber den Kämpfenden zeichnet das Ganze zusätzlich aus.
In ihrem neusten Lied wird die Aussage auch nicht viel tiefgründiger: „Deutschland, Arschloch, fick dich – wir hassen dich so sehr, du warst als Kind schon Scheiße und das ändert sich nicht mehr […] Ihr seid scheiß Deutsche. Und Deutsche tun was Deutsche eben tun: Verwerten, töten, unterjochen.“ Spätestens jetzt sollte jedem auffallen, dass sich irgendwas an ihren Aussagen und dem gleichzeitig postulierten Statement gegen Rassismus widerspricht.
Der Rassismus vermischt sich mit der Verachtung gegenüber der Arbeiterklasse und geht diesen bürgerlichen Klassenstandpunkt auch außenpolitisch konsequent weiter: Egotronic stellt Israels Erstschläge auf Palästina als Verteidigung hin und ist so von einer Erika Steinbach, die meint, Nazi-Deutschland hätte sich nur gegen Polen verteidigt, nicht weit entfernt – die Logik dahinter ist dieselbe.
Gerade in der Verbindung der eingängigen Musik mit der klassisch-demagogischen Art und der Bearbeitung „linker“ Themen geht von diesen Leuten eine Gefahr aus. Sie verherrlichen die elitäre Zurückgezogenheit linker Szene- und Antifa-Kreise, die aber gerade aus der Schwäche heraus resultiert, nicht massentauglich zu sein. Anstatt für die eigenen Interessen zu kämpfen, wird die individualistische Einrichtung in der subkulturellen Nische gepredigt. Unser Weg ist das nicht, aber der Dreck zieht in die Köpfe.
Jens, Nürnberg