Working Wistleblower
Leyla (21) macht gerade eine Ausbildung zur Hebamme
“Stay here until you are needed”. Das steht auf einer Postkarte, die am Fenster im Kreißsaal hängt. Sie dient dazu, jeder Hebammenschülerin von Anfang an zu zeigen, wo ihr Platz ist – an der Heizung lehnend darauf wartend, dass eine Hochschwangere klingelt. Denn es ist Schülerinnen-Aufgabe, eine Frau zu empfangen. Das führt dann schon einmal dazu, dass an den Sanitätern, die einen Notfall bringen, vier der diensthabenden Hebammen vorbeilaufen. Am Ende habe dann ich Anschiss vom Oberarzt bekommen, weil ich den Fall nicht ernst genommen hätte. Dass ich erst zwei Wochen Dienst im Kreißsaal hatte und gerade aus der Pause kam, das interessiert dort niemanden. Schlimmer lief es für meine Mitschülerin: Ihr Anruf, „dass schnell eine Hebamme kommen soll“ wurde nicht ernst genommen. Sie war dann bei einer Geburt komplett auf sich alleine gestellt. Als die Hebamme dann dazu kam, war das Kind schon auf der Welt. Wir sortieren keine Akten, wir kümmern uns um menschliches Leben. Doch der massive Druck, der auf die Hebammen ausgeübt wird, wird direkt auf uns Schülerinnen übertragen. Oft höre ich, dass wenn ich etwas falsch mache, das auf meine Kappe geht. Nach fünf Wochen, die ich nun im Kreißsaal bin, weiß ich aber natürlich noch nicht alles. Dazu kommt noch der schulische Druck. Dieser wächst, da die Hebammen-Ausbildung gerade einem Studium angepasst wird. „Augen zu und durch“ war der letzte Ratschlag, den mir eine Hebamme in meinem Praktikum gegeben hat – so fühlt es sich meistens auch an.