Alle Jahre wieder gr\u00fc\u00dft die PISA-Studie mit ihren erschreckenden Ergebnissen \u00fcber das deutsche Bildungssystem. Zumeist beginnt dann die Hetze gegen die \u201edumme junge Generation\u201c, welche \u201eeh zu nichts zu gebrauchen ist\u201c. Dabei sind es nicht wir, die es dahin kommen lassen haben. Wir k\u00f6nnen nur das lernen, und unter diesen Voraussetzungen, wie es uns eben vor die F\u00fc\u00dfe geworfen wird.<\/p>\n
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Seit Jahren machen Schlagzeilen \u00fcber die erschreckenden Erkenntnisse der PISA-Studie Eindruck in den Medien. Wobei diese Ergebnisse schon lange nicht mehr erschreckend, sondern zum Alltag geworden sind \u2013 zumindest f\u00fcr all die Lehrkr\u00e4fte und Sch\u00fclerInnen an deutschen Schulen, denn diese leiden nicht erst seit gestern unter dem kaputt gesparten Bildungssystem. Doch was meinen wir, wenn wir vom kaputtgesparten Bildungssystem reden? Wir reden zum Beispiel von dem chronischen Lehrkr\u00e4ftemangel. Zurzeit liegt die offizielle Zahl bei 14.500 unbesetzten Lehrstellen und soll laut Prognosen bis auf 177.500 fehlende Lehrkr\u00e4fte im Jahr 2035 steigen. Das Deutsche Schulbarometer unterstreicht diese Zahlen und formuliert drei zentrale Probleme: Lehrkr\u00e4ftemangel, Lernr\u00fcckst\u00e4nde und Aufnahmekapazit\u00e4ten. Diese Punkte decken sich mit der Realit\u00e4t: Im Kreis Gie\u00dfen-Vogelsberg haben bereits zwei Schulen einen \u00dcberlastungsantrag gestellt. Die bereitgestellten Ressourcen reichen weder, um die Folgen der Pandemie noch, um die Inklusion der Sch\u00fclerInnen im Unterricht zu gew\u00e4hrleisten. Die Reaktion des Kultusministeriums ist die Zust\u00e4ndigkeit auf das Schulamt zu verweisen, was weder an der Klassengr\u00f6\u00dfe, noch an der Stundenanzahl etwas \u00e4ndern kann. Stattdessen werden p\u00e4dagogische Tage zur Lehrergesundheit und Unterweisungen zum richtigen Atmen angeboten.<\/p>\n
Doch das ist noch lang nicht alles, es fehlt der Bildung an allen Ecken und Enden. So wurde der Digitalpakt 1.0, der als Reaktion auf die Coronapandemie und die damit angezogene Digitalisierung der Schulen verabschiedet wurde, nicht einmal komplett ausfinanziert. Laut Medienberichten klafft eine L\u00fccke von 783 Millionen Euro. Um die Fortf\u00fchrung in Form vom Digitalpakt 2.0 wird noch immer gestritten. Im angesetzten Haushalt f\u00fcr 2025 wird bereits jetzt ersichtlich, dass dieses Paket so nicht getragen werden kann. Doch wie soll es auch anders sein? W\u00e4hrend in den letzten Jahren prozentual immer weniger Geld in die Bildung flie\u00dft, wird mehr als das Doppelte in die R\u00fcstung gepumpt \u2013 und das auch ohne s\u00e4mtliche Sonderpakete! W\u00e4hrend wir in maroden Schulgeb\u00e4uden sitzen, in welchen allzu h\u00e4ufig Unterricht ausf\u00e4llt, weil es entweder an Ausstattung mangelt oder uns die Decke auf den Kopf fallen k\u00f6nnte, werden Milliarden in die R\u00fcstung gesteckt. Da wird deutlich, dass f\u00fcr die Herrschenden ihre Profitinteressen \u00fcber einer gerechten Bildung f\u00fcr Alle stehen.<\/p>\n
Das Resultat dieser Missst\u00e4nde ist nicht allein ein niedrigeres Bildungsniveau. Wie die Landessch\u00fclerInnenvertretung Hessen in einer breit aufgestellten Umfrage herausfand, leiden rund 90 % der hessischen Sch\u00fclerInnen unter psychischem Druck durch die Schule. Grund daf\u00fcr sind gro\u00dfe Klassen, schlechte Ausstattung und mangelnde Ber\u00fccksichtigung der individuellen Lernbed\u00fcrfnisse.<\/p>\n
Bei dieser desastr\u00f6sen Lage der \u00f6ffentlichen Schulen liegt es wohl auf der Hand, dass die Zahl der privaten Schulen in den letzten 20 Jahren um 50 % gestiegen ist. Gro\u00dfe Konzerne haben l\u00e4ngst erkannt, dass mit Bildung Geld zu verdienen ist, und zwar in gro\u00dfem Umfang und mit staatlich garantierten \u00f6ffentlichen Zuwendungen. Bildung ist eine Wachstumsbranche, weil auch die Unzufriedenheit mit den Leistungen des unterfinanzierten \u00f6ffentlichen Bereichs w\u00e4chst. Die bereits bestehende Chancenungleichheit wird noch gr\u00f6\u00dfer, die soziale Selektion und die gesellschaftliche Spaltung nehmen weiter zu. Demokratische Beteiligung, Mitbestimmung und Kontrolle werden minimiert. Bildungsinhalte und vermittelte Qualifikationen werden nur noch an der \u00f6konomischen Verwertbarkeit orientiert. Die p\u00e4dagogisch Besch\u00e4ftigten werden weniger denn je in der Lage sein, gemeinsam f\u00fcr eine angemessene Ausstattung der Bildungseinrichtungen zu streiten.<\/p>\n
Nun wird in der \u00d6ffentlichkeit Stimmung gegen die Jugend gemacht, welche sich doch erst einmal anstrengen solle, denn fr\u00fcher war es ja auch nicht leicht. Was in diese Redensart auch super reinpasst, ist das L\u00fcgenbild der vorgeblich faulen, disziplinlosen neuen Generation \u2013 Grundlage f\u00fcr viele reaktion\u00e4re Kr\u00e4fte in der Argumentation f\u00fcr eine Wehrpflicht, denn die verweichlichte Jugend m\u00fcsse einfach mal Gehorsamkeit und Disziplin lernen. Allerdings wollen wir nicht Gehorsamkeit und Disziplin lernen, um f\u00fcr ein System zu k\u00e4mpfen, welches uns nicht einmal eine vollumf\u00e4ngliche Bildung bereitstellen kann.<\/p>\n
Dass wir uns all dies nicht gefallen lassen m\u00fcssen, zeigen uns die K\u00e4mpfe der Vergangenheit auf, zum Beispiel die Bildungsstreiks 2009, bei welchen 270.000 lernende Jugendliche gemeinsam auf die Stra\u00dfe gingen, um gegen G8 und f\u00fcr eine Verbesserung der Studienbedingungen zu k\u00e4mpfen. Auch unsere Vertretungsgremien sind ein Resultat von K\u00e4mpfen, die junge Menschen wie wir gef\u00fchrt haben. In der j\u00fcngeren Vergangenheit hat sich immer wieder Protest gebildet, wie zum Beispiel das B\u00fcndnis \u201eBildungswende Jetzt!\u201c, welches gegen das marode Schulsystem auf die Stra\u00dfen gegangen ist. In Gie\u00dfen hat sich der Stadtsch\u00fclerInnenrat zu Wort gemeldet und klargestellt, dass das Problem eine Systemfrage ist und wir f\u00fcr eine Schule f\u00fcr Alle k\u00e4mpfen m\u00fcssen. Die Probleme unseres Bildungssystems treten immer deutlicher zu Tage. Was uns die Zukunft bringt, werden wir sehen, doch m\u00fcssen wir alle proaktiv dran arbeiten, sie zu unseren Gunsten zu \u00e4ndern. Wir m\u00fcssen mit unseren Mitsch\u00fclerInnen sprechen und aufzeigen, dass genug Geld f\u00fcr eine vollumf\u00e4ngliche Bildung da w\u00e4re \u2013 wir m\u00fcssen es uns nur holen!<\/p>\n
Luca, Kassel<\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Alle Jahre wieder gr\u00fc\u00dft die PISA-Studie mit ihren erschreckenden Ergebnissen \u00fcber das deutsche Bildungssystem. Zumeist beginnt dann die Hetze gegen die \u201edumme junge Generation\u201c, welche \u201eeh zu nichts zu gebrauchen ist\u201c. Dabei sind es nicht wir, die es dahin kommen lassen haben. Wir k\u00f6nnen nur das lernen, und unter diesen Voraussetzungen, wie es uns eben […]<\/p>\n","protected":false},"author":114,"featured_media":20581,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_acf_changed":false,"_et_pb_use_builder":"","_et_pb_old_content":"","_et_gb_content_width":"","footnotes":""},"categories":[1788],"tags":[],"yoast_head":"\n